MEDIZIN­PRODUKTE

IN-VITRO-DIAGNOSTIKA

Erwägungsgründe 1 - 10 (IVDR)

 

(1) Der Rechtsrahmen der Union für In-vitro-Diagnostika besteht aus der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates 3. Um einen soliden, transparenten, berechenbaren und nachhaltigen Rechtsrahmen für In-vitro-Diagnostika zu schaffen, der ein hohes Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet, gleichzeitig aber innovationsfördernd wirkt, ist jedoch eine grundlegende Überarbeitung dieser Richtlinie erforderlich.

 

(2) Ausgehend von einem hohen Gesundheitsschutzniveau für Patienten und Anwender soll mit der vorliegenden Verordnung ein reibungslos funktionierender Binnenmarkt für In-vitro-Diagnostika unter Berücksichtigung der in diesem Sektor tätigen kleinen und mittleren Unternehmen sichergestellt werden. Außerdem sind in dieser Verordnung hohe Standards für die Qualität und Sicherheit von In-vitro-Diagnostika festgelegt, durch die allgemeine Sicherheitsbedenken hinsichtlich dieser Produkte ausgeräumt werden sollen. Die beiden Ziele werden parallel verfolgt; sie sind untrennbar miteinander verbunden und absolut gleichrangig. Gestützt auf Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) wird mit dieser Verordnung eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von In-vitro-Diagnostika und ihrem Zubehör auf dem Unionsmarkt vorgenommen, denen dadurch der Grundsatz des freien Warenverkehrs zugute kommen kann. Im Sinne von Artikel 168 Absatz 4 Buchstabe c AEUV werden mit dieser Verordnung hohe Standards für Qualität und Sicherheit von In-vitro-Diagnostika festgelegt, indem unter anderem dafür gesorgt wird, dass die im Rahmen Leistungsstudien gewonnenen Daten zuverlässig und solide sind und dass die Sicherheit der an Leistungsstudien teilnehmenden Prüfungsteilnehmer geschützt wird.

 

(3) Mit dieser Verordnung sollen nicht die Vorschriften harmonisiert werden, die die weitere Bereitstellung auf dem Markt von bereits in Betrieb genommenen In-vitro-Diagnostika, etwa im Zusammenhang mit dem Verkauf gebrauchter Produkte, betreffen.

 

(4) Zur Verbesserung von Gesundheit und Sicherheit sollten Schlüsselelemente des derzeitigen Regulierungskonzepts, beispielsweise die Beaufsichtigung der Benannten Stellen, die Risikoklassifizierung, die Konformitätsbewertungsverfahren, Leistungsbewertung und Leistungsstudien, Vigilanz und Marktüberwachung erheblich gestärkt und Bestimmungen zur Gewährleistung von Transparenz und Rückverfolgbarkeit in Bezug auf In-vitro-Diagnostika eingeführt werden.

 

(5) Soweit möglich sollten die auf internationaler Ebene, insbesondere im Rahmen der „Global Harmonization Task Force“ (GHTF) und deren Folgeinitiative, des Internationalen Forums der Aufsichtsbehörden für Medizinprodukte (IMDRF — International Medical Devices Regulators Forum), entwickelten Leitlinien für In-vitro-Diagnostika berücksichtigt werden, damit die internationale Angleichung der Rechtsvorschriften, die weltweit zu einem hohen Niveau an Sicherheitsschutz und zum einfacheren Handel beiträgt, gefördert wird; dies gilt insbesondere für die Bestimmungen über die einmalige Produktkennung, die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen, die technische Dokumentation, die Klassifizierungsregeln, die Konformitätsbewertungsverfahren und den klinischen Nachweis.

 

(6) Die spezifischen Merkmale, die In-vitro-Diagnostika — insbesondere hinsichtlich der Risikoklassifizierung, der Konformitätsbewertungsverfahren und des klinischen Nachweises — und der In-vitro-Diagnostika-Sektor aufweisen, erfordern die Annahme von spezifischen, von den übrigen Medizinprodukten getrennten Rechtsvorschriften; gleichwohl sollten die horizontalen Aspekte, die beiden Sektoren gemeinsam sind, einander angepasst werden.

 

(7) Der Geltungsbereich dieser Verordnung sollte klar vom Geltungsbereich anderer Rechtsvorschriften abgegrenzt werden, die Produkte wie Medizinprodukte, allgemeine Laborprodukte und allein für Forschungszwecke bestimmte Produkte betreffen.

 

(8) Es sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, im Einzelfall zu entscheiden, ob ein Produkt in den Geltungsbereich dieser Verordnung fällt oder nicht. Um in diesem Zusammenhang einheitliche Einstufungsentscheidungen in allen Mitgliedstaaten, insbesondere in Grenzfällen, sicherzustellen, sollte die Kommission die Möglichkeit haben, nach Anhörung der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte aus eigener Initiative oder auf hinreichend begründetes Ersuchen eines Mitgliedstaats im Einzelfall zu entscheiden, ob ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Kategorie oder Gruppe von Produkten in den Geltungsbereich dieser Verordnung fällt. Bei den Beratungen über den rechtlichen Status von Produkten in Grenzfällen, bei denen es sich auch um Arzneimittel, menschliches Gewebe und Zellen, Biozidprodukte oder Lebensmittel handelt, sorgt die Kommission bei Bedarf dafür, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur, die Europäische Chemikalienagentur und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit in angemessenem Umfang gehört werden.

 

(9) Offenbar ist es möglich, dass voneinander abweichende nationale Vorschriften über die Bereitstellung von Informationen und Beratung in Bezug auf Gentests nur in begrenztem Maße Auswirkungen auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts haben können. Daher sollten hierzu in dieser Verordnung nur begrenzte Anforderungen festgelegt werden, wobei die Notwendigkeit zu berücksichtigen ist, stets für die Einhaltung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität Sorge zu tragen.

 

(10) Es sollte ausdrücklich festgehalten werden, dass alle Tests, die Informationen über die Prädisposition für einen gesundheitlichen Zustand oder eine bestimmte Krankheit liefern, wie z. B. Gentests, und Tests, die Informationen über die voraussichtliche Wirkung einer Behandlung oder die voraussichtlichen Reaktionen darauf liefern, wie etwa therapiebegleitende Diagnostika, zu den In-vitro-Diagnostika gehören.

Stand: 13. März 2023