MEDIZIN­PRODUKTE

IN-VITRO-DIAGNOSTIKA

Erwägungsgründe 61 - 70 (IVDR)

 

(61) Um ein hohes Sicherheits- und Leistungsniveau zu gewährleisten, sollte die Erfüllung der in dieser Verordnung festgelegten grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen durch den klinischen Nachweis belegt werden. Die Anforderungen an den klinischen Nachweis, der auf Daten zur wissenschaftlichen Validität, zur Analyseleistung und zur klinischen Leistung des Produkts beruht, müssen eindeutig festgelegt werden. Um ein strukturiertes und transparentes Verfahren, in dessen Rahmen zuverlässige und robuste Daten gewonnen werden, zu ermöglichen, sollten die Beschaffung und die Bewertung der verfügbaren wissenschaftlichen Informationen und Daten aus Leistungsstudien auf der Grundlage eines Leistungsbewertungsplans erfolgen.

 

(62) Grundsätzlich sollte der klinische Nachweis aus Leistungsstudien stammen, die in der Verantwortung eines Sponsors durchgeführt worden sind. Sowohl der Hersteller als auch eine andere natürliche oder juristische Person sollte der Sponsor sein können, der die Verantwortung für die Leistungsstudie übernimmt.

 

(63) Es muss sichergestellt werden, dass der klinische Nachweis für Produkte während ihres gesamten Lebenszyklus aktualisiert wird. Diese Aktualisierung umfasst auch die geplante Beobachtung der wissenschaftlichen Entwicklungen und der Veränderungen in der medizinischen Praxis durch den Hersteller. Im Falle neuer einschlägiger Informationen sollte dann eine Neubewertung des klinischen Nachweises für das Produkt vorgenommen werden, sodass Sicherheit und Leistung durch einen fortlaufenden Prozess der Leistungsbewertung gewährleistet werden.

 

(64) Es sollte darauf hingewiesen werden, dass das Konzept des klinischen Nutzens bei In-vitro-Diagnostika sich grundlegend von demjenigen unterscheidet, das bei Arzneimitteln oder therapeutischen Medizinprodukten gilt, da der Nutzen von In-vitro-Diagnostika in der Bereitstellung angemessener medizinischer Informationen über Patienten liegt, die gegebenenfalls im Vergleich zu medizinischen Informationen bewertet werden, die aus der Verwendung anderer diagnostischer Optionen und Techniken resultieren, wohingegen das endgültige klinische Ergebnis für den Patienten von weiteren diagnostischen und/oder therapeutischen Optionen, die zur Verfügung stehen könnten, abhängt.

 

(65) Kann mit bestimmten Produkten keine Analyseleistung oder klinische Leistung erzielt werden oder sind bestimmte Leistungsanforderungen nicht anwendbar, sollten im Leistungsbewertungsplan und den dazugehörigen Berichten die mit diesen Anforderungen verbundenen Weglassungen begründet werden.

 

(66) Die Bestimmungen über Leistungsstudien sollten den fest etablierten internationalen Leitlinien in diesem Bereich entsprechen, wie der in Entwicklung befindlichen internationalen Norm ISO 20916 über klinische Leistungsstudien, bei denen Proben von Menschen verwendet werden, damit die Ergebnisse von in der Union durchgeführten Leistungsstudien außerhalb der Union leichter als Dokumentation anerkannt und die Ergebnisse von Leistungsstudien, die außerhalb der Union im Einklang mit den internationalen Leitlinien durchgeführt werden, leichter innerhalb der Union anerkannt werden. Außerdem sollten die Bestimmungen mit der neuesten Fassung der Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes über die ethischen Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen im Einklang stehen.

 

(67) Die Bestimmung der an der Bewertung des Antrags auf Durchführung einer Leistungsstudie zu beteiligenden geeigneten Behörde und die Organisation der Beteiligung von Ethik-Kommissionen innerhalb der in dieser Verordnung festgelegten Zeitpläne für die Genehmigung dieser Leistungsstudie sollten dem betroffenen Mitgliedstaat, in dem die Leistungsstudie durchgeführt werden soll, überlassen bleiben. Diese Entscheidungen hängen von der internen Organisation des jeweiligen Mitgliedstaats ab. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten darauf achten, dass auch Laien einbezogen werden, insbesondere Patienten oder Patientenorganisationen. Sie sollten auch sicherstellen, dass das erforderliche Fachwissen vorhanden ist.

 

(68) Es sollte ein elektronisches System auf Unionsebene eingerichtet werden, damit alle interventionellen klinischen und anderen für die Prüfungsteilnehmer mit Risiken verbundenen Leistungsstudien in einer öffentlich zugänglichen Datenbank gemeldet und erfasst werden. Um das Recht auf Schutz personenbezogener Daten zu garantieren, das in Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) verankert ist, sollten in dem elektronischen System keine personenbezogenen Daten zu den an einer Leistungsstudie teilnehmenden Prüfungsteilnehmern aufgezeichnet werden. Um Synergien in Bezug auf klinische Prüfungen mit Arzneimitteln herzustellen, sollte das elektronische System für Leistungsstudien mit der Unionsdatenbank interoperabel sein, die für klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln eingerichtet wird.

 

(69) Bei einer interventionellen klinischen Leistungsstudie oder einer anderen für die Prüfungsteilnehmer mit Risiken verbundenen Leistungsstudie, die in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführt werden soll, sollte der Sponsor die Möglichkeit haben, dafür nur einen einzigen Antrag einzureichen, um die Verwaltungslasten gering zu halten. Zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen und um einen einheitlichen Ansatz bei der Bewertung der gesundheits- und sicherheitsbezogenen Aspekte des Produkts für Leistungsstudien und des wissenschaftlichen Aufbaus dieser Leistungsstudie zu gewährleisten, sollte das Verfahren zur Bewertung eines solchen einzigen Antrags zwischen den Mitgliedstaaten unter der Leitung eines koordinierenden Mitgliedstaats koordiniert werden. Diese koordinierte Bewertung sollte nicht die Bewertung rein nationaler, lokaler oder ethischer Aspekte der Leistungsstudie, darunter die Einwilligung nach Aufklärung, umfassen. Für einen Zeitraum von zunächst sieben Jahren ab dem Tag des Beginns der Anwendung dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, sich freiwillig an der koordinierten Bewertung zu beteiligen. Nach diesem Zeitraum sollten alle Mitgliedstaaten verpflichtet sein, sich an der koordinierten Bewertung zu beteiligen.Die Kommission sollte auf der Grundlage der aus der freiwilligen Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten gewonnenen Erfahrungen einen Bericht über die Anwendung der einschlägigen Bestimmungen in Bezug auf das koordinierte Bewertungsverfahren erstellen. Sind die Ergebnisse dieses Berichts negativ, sollte die Kommission einen Vorschlag zur Verlängerung des Zeitraums für die freiwillige Beteiligung am koordinierten Bewertungsverfahren vorlegen.

 

(70) Sponsoren sollten den Mitgliedstaaten, in denen interventionelle klinische oder andere für die Prüfungsteilnehmer mit Risiken verbundene Leistungsstudien durchgeführt werden, bestimmte unerwünschte Vorkommnisse und Produktmängel melden, die während diesen Studien auftreten. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, die Studien zu beenden oder auszusetzen oder die Genehmigung für diese Studien zu widerrufen, wenn sie dies zur Gewährleistung eines hohen Niveaus an Schutz der an diesen Studien teilnehmenden Prüfungsteilnehmer für erforderlich halten. Die entsprechenden Informationen sollten den anderen Mitgliedstaaten übermittelt werden.

Stand: 13. März 2023