MEDIZIN­PRODUKTE

IN-VITRO-DIAGNOSTIKA

ABSCHNITT 2: Konformitätsbewertung

Artikel 52: Konformitätsbewertungsverfahren

(1) Bevor Hersteller ein Produkt in Verkehr bringen, führen sie eine Bewertung der Konformität des betreffenden Produkts im Einklang mit den in den Anhängen IX bis XI aufgeführten geltenden Konformitätsbewertungsverfahren durch.

(2) Bevor Hersteller ein nicht in Verkehr gebrachtes Produkt in Betrieb nehmen, führen sie eine Bewertung der Konformität des betreffenden Produkts im Einklang mit den in den Anhängen IX bis XI aufgeführten geltenden Konformitätsbewertungsverfahren durch.

(3) Hersteller von Produkten der Klasse III, ausgenommen Sonderanfertigungen oder Prüfprodukte, unterliegen einer Konformitätsbewertung gemäß Anhang IX. Alternativ können die Hersteller sich für eine Konformitätsbewertung gemäß Anhang X in Kombination mit einer Konformitätsbewertung gemäß Anhang XI entscheiden.

(4) Hersteller von Produkten der Klasse IIb, ausgenommen Sonderanfertigungen oder Prüfprodukte, unterliegen einer Konformitätsbewertung gemäß Anhang IX Kapitel I und III sowie einer Bewertung der technischen Dokumentation — gemäß Abschnitt 4 des genannten Anhangs — zumindest eines repräsentativen Produkts pro generischer Produktgruppe.

Bei Implantierbaren Produkten der Klasse IIb mit Ausnahme von Nahtmaterial, Klammern, Zahnfüllungen, Zahnspangen, Zahnkronen, Schrauben, Keilen, Zahn- bzw. Knochenplatten, Drähten, Stiften, Klammern und Verbindungsstücken wird die Bewertung der technischen Dokumentation gemäß Anhang IX Abschnitt 4 jedoch für jedes Produkt vorgenommen.

Alternativ können die Hersteller sich für eine Konformitätsbewertung gemäß Anhang X in Kombination mit einer Konformitätsbewertung gemäß Anhang XI entscheiden.

(5) In Fällen, in denen dies mit Blick auf bewährte Technologien gerechtfertigt ist, die denjenigen ähneln, die in den in Absatz 4 UnterAbsatz 2 des vorliegenden Artikels aufgelisteten ausgenommenen Produkten verwendet werden, die wiederum in anderen implantierbaren Produkten der Klasse IIb verwendet werden, oder in Fällen, in denen dies gerechtfertigt ist, um den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Patienten, Anwender oder anderer Personen oder anderer Aspekte der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 115 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um diese Liste durch Hinzufügung anderer Arten implantierbarer Produkte der Klasse IIb oder Streichung von Produkten anzupassen.

(6) Hersteller von Produkten der Klasse IIa, ausgenommen Sonderanfertigungen oder Prüfprodukte, unterliegen einer Konformitätsbewertung gemäß Anhang IX Kapitel I und III sowie einer Bewertung der technischen Dokumentation — gemäß Abschnitt 4 jenes Anhangs — zumindest eines repräsentativen Produkts jeder Produktkategorie.

Alternativ können die Hersteller sich dafür entscheiden, die in den Anhängen II und III genannte technische Dokumentation zu erstellen, in Kombination mit einer Konformitätsbewertung gemäß Anhang XI Abschnitt 10 oder Abschnitt 18. Die Bewertung der technischen Dokumentation wird für zumindest ein repräsentatives Produkts jeder Produktkategorie durchgeführt.

(7) Hersteller von Produkten der Klasse I, ausgenommen Sonderanfertigungen oder Prüfprodukte, erklären die Konformität ihrer Produkte durch Ausstellung einer EU-Konformitätserklärung gemäß Artikel 19, nachdem sie die technische Dokumentation gemäß den Anhängen II und III erstellt haben. Bei Produkten, die in sterilem Zustand in den Verkehr gebracht werden, bei Produkten mit Messfunktion oder bei Produkten, bei denen es sich um wiederverwendbare chirurgische Instrumente handelt, wendet der Hersteller die in Anhang IX Kapitel I und III oder in Anhang XI Teil A aufgeführten Verfahren an. Die Beteiligung der Benannten Stelle an diesen Verfahren ist jedoch begrenzt

a) bei Produkten, die in sterilem Zustand in Verkehr gebracht werden, auf die Aspekte, die mit der Herstellung, der Sicherung und der Aufrechterhaltung steriler Bedingungen zusammenhängen,

b) bei Produkten mit Messfunktion auf die Aspekte, die mit der Konformität der Produkte mit den messtechnischen Anforderungen zusammenhängen,

c) bei wiederverwendbaren chirurgischen Instrumenten auf die Aspekte, die mit der Wiederverwendung in Zusammenhang stehen, insbesondere die Reinigung, Desinfektion, Sterilisation, Wartung und Funktionsprüfung sowie die damit verbundenen Gebrauchsanweisungen.

(8) Bei Sonderanfertigungen wenden die Hersteller das Verfahren gemäß Anhang XIII an und stellen vor dem Inverkehrbringen dieser Produkte die Erklärung gemäß Abschnitt 1 des genannten Anhangs aus.

Zusätzlich zu dem gemäß UnterAbsatz 1 anzuwendenden Verfahren sind Hersteller von implantierbaren Sonderanfertigungen der Klasse III auch dem Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Anhang IX Kapitel I unterworfen. Alternativ dazu können die Hersteller sich für eine Konformitätsbewertung gemäß Anhang XI Teil A entscheiden.

(9) Bei Produkten gemäß Artikel 1 Absatz 8 UnterAbsatz 1 gilt zusätzlich zu den geltenden Verfahren gemäß den Absätzen 3, 4, 6 oder 7 des vorliegenden Artikels auch das Verfahren gemäß Anhang IX Abschnitt 5.2 bzw. gemäß Anhang X Abschnitt 6.

(10) Bei Produkten, die gemäß Artikel 1 Absatz 6 Buchstaben f oder g und gemäß Artikel 1 UnterAbsatz 1 Absatz 10 von dieser Verordnung erfasst werden, gilt zusätzlich zu den geltenden Verfahren gemäß den Absätzen 3, 4, 6 oder 7 des vorliegenden Artikels auch das Verfahren gemäß Anhang IX Abschnitt 5.3 bzw. gemäß Anhang X Abschnitt 6.

(11) Bei Produkten, die aus Stoffen oder aus Kombinationen von Stoffen bestehen, die dazu bestimmt sind, durch eine Körperöffnung in den menschlichen Körper eingeführt oder auf der Haut angewendet zu werden, und die vom menschlichen Körper aufgenommen oder lokal im Körper verteilt werden, gilt zusätzlich zu den geltenden Verfahren gemäß den Absätzen 3, 4, 6 oder 7 auch das Verfahren gemäß Anhang IX Abschnitt 5.4 bzw. gemäß Anhang X Abschnitt 6.

(12) Der Mitgliedstaat, in dem die Benannte Stelle niedergelassen ist, kann verlangen, dass alle oder bestimmte Unterlagen, darunter die technische Dokumentation, Audit-, Bewertungs- und Kontrollberichte, im Zusammenhang mit den in den Absätzen 1 bis 7 und 9 bis 11 genannten Verfahren in einer oder mehreren von diesem Mitgliedstaat festgelegten Amtssprachen der Union bereitgestellt werden. Wird dies nicht verlangt, so müssen diese Unterlagen in einer Amtssprache der Union vorliegen, mit der die Benannte Stelle einverstanden ist.

(13) Für Prüfprodukte gelten die Anforderungen gemäß Artikel 62 bis 81.

(14) Für folgende Aspekte kann die Kommission detaillierte Vorkehrungen und Verfahrenselemente, die für die harmonisierte Anwendung der Konformitätsbewertungsverfahren durch die Benannten Stellen erforderlich sind, im Wege von Durchführungsrechtsakten festlegen:

a) Häufigkeit und Grundlage der Stichproben bei der Bewertung der technischen Dokumentation auf repräsentativer Basis gemäß Anhang IX Abschnitt 2.3 Absatz 3 und Abschnitt 3.5 (bei Produkten der Klassen IIa und IIb) bzw. gemäß Anhang IX Teil A Abschnitt 10.2 (bei Produkten der Klasse IIa);

b) Mindesthäufigkeit der von den Benannten Stellen gemäß Anhang IX Abschnitt 3.4 unter Berücksichtigung der Risikoklasse und der Art der Produkte durchzuführenden unangekündigten Vor-Ort-Audits und Stichprobenprüfungen;

c) physische Kontrollen, Laboruntersuchungen oder andere Tests, die von den Benannten Stellen im Rahmen der Stichprobenprüfungen, der Bewertung der technischen Dokumentation und der Musterprüfung gemäß Anhang IX Abschnitte 3.4. und 4.3, Anhang X Abschnitt 3 und Anhang XI Teil B Abschnitt 15 durchzuführen sind.

Die in den UnterAbsatz 1 genannten Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 114 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 53: Mitwirkung der Benannten Stellen an Konformitätsbewertungsverfahren

(1) Ist gemäß dem Konformitätsbewertungsverfahren die Mitwirkung einer Benannten Stelle erforderlich, kann sich der Hersteller an eine Benannte Stelle seiner Wahl wenden, sofern die ausgewählte Benannte Stelle dazu benannt ist, die Konformitätsbewertungstätigkeiten für die betreffenden Arten von Produkten durchzuführen. Der Hersteller darf nicht gleichzeitig bei einer anderen Benannten Stelle einen Antrag für dasselbe Konformitätsbewertungsverfahren stellen.

(2) Zieht ein Hersteller seinen Antrag zurück, bevor eine Entscheidung der Benannten Stelle über die Konformitätsbewertung ergangen ist, so informiert die betreffende Benannte Stelle die anderen Benannten Stellen mittels des elektronischen Systems gemäß Artikel 57 darüber.

(3) Wenn sie einen Antrag an eine Benannte Stelle gemäß Absatz 1 stellen, geben die Hersteller an, ob sie einen Antrag bei einer anderen Benannten Stelle zurückgezogen haben, bevor deren Entscheidung ergangen ist, und machen Angaben zu etwaigen früheren Anträgen zu derselben Konformitätsbewertung, die von einer anderen Benannten Stelle abgelehnt wurde.

(4) Die Benannte Stelle kann von dem Hersteller die Vorlage aller Informationen oder Daten verlangen, die zur ordnungsgemäßen Durchführung des gewählten Konformitätsbewertungsverfahrens erforderlich sind.

(5) Die Benannten Stellen und ihre Mitarbeiter führen ihre Konformitätsbewertungstätigkeiten mit der mit höchster beruflicher Zuverlässigkeit und der erforderlichen technischen und wissenschaftlichen Kompetenz in dem betreffenden Bereich durch; sie dürfen keinerlei Druck oder Einflussnahme, insbesondere finanzieller Art, ausgesetzt sein, die sich auf ihre Beurteilung oder die Ergebnisse ihrer Konformitätsbewertungstätigkeit auswirken könnte und die insbesondere von Personen oder Personengruppen ausgeht, die ein Interesse am Ergebnis dieser Tätigkeiten haben.

Artikel 54: Konsultationsverfahren im Zusammenhang mit der klinischen Bewertung bestimmter Produkte der Klasse III und der Klasse IIb

(1) Zusätzlich zu den gemäß Artikel 52 anzuwendenden Verfahren wenden die Benannten Stellen das Konsultationsverfahren im Zusammenhang mit der klinischen Bewertung gemäß Anhang IX Abschnitt 5.1 bzw. gemäß Anhang X Abschnitt 6 an, wenn sie bei folgenden Produkten eine Konformitätsbewertung durchführen:

a) implantierbare Produkte der Klasse III und

b) aktive Produkte der Klasse IIb, die dazu bestimmt sind, ein Arzneimittel gemäß Anhang VIII Abschnitt 6.4 (Regel 12) an den Körper abzugeben und/oder aus dem Körper zu entfernen.

(2) Das Verfahren gemäß Absatz 1 ist für die dort genannten Produkte nicht erforderlich, wenn

a) eine gemäß dieser Verordnung ausgestellte Bescheinigung erneuert wird,

b) das Produkt durch Änderung eines Produkts ausgelegt wurde, das bereits vom selben Hersteller mit derselben Zweckbestimmung in Verkehr gebracht wurde, sofern der Hersteller der Benannten Stelle zu deren Zufriedenheit nachgewiesen hat, dass die Änderungen das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Produkts nicht beeinträchtigen, oder

c) die Grundsätze der klinischen Bewertung der entsprechenden Produktart oder -kategorie in einer Spezifikation gemäß Artikel 9 festgelegt wurden und die Benannte Stelle bestätigt, dass die klinische Bewertung dieses Produkts durch den Hersteller mit der einschlägigen Spezifikation für die klinische Bewertung dieser Art von Produkt im Einklang steht.

(3) Die Benannte Stelle teilt den zuständigen Behörden, der für Benannte Stellen zuständigen Behörde und der Kommission über das elektronische System gemäß Artikel 57 mit, ob das Verfahren gemäß Absatz 1 anzuwenden ist oder nicht. Dieser Mitteilung wird der Bericht über die Begutachtung der klinischen Bewertung beigefügt.

(4) Die Kommission erstellt eine Jahresübersicht über die Produkte, die dem Verfahren gemäß Anhang IX Abschnitt 5.1 bzw. Anhang X Abschnitt 6 unterzogen wurden. Die Jahresübersicht enthält die Mitteilungen gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels und gemäß Anhang IX Abschnitt 5.1 Buchstabe e sowie eine Auflistung der Fälle, in denen die Benannte Stelle nicht dem Gutachten des Expertengremiums folgte. Die Kommission legt diese Übersicht dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte vor.

(5) Die Kommission erstellt bis zum 27. Mai 2025 einen Bericht über die Anwendung des vorliegenden Artikels und legt ihn dem Europäischen Parlament und dem Rat vor. In dem Bericht werden die Jahresübersichten und die verfügbaren einschlägigen Empfehlungen der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte berücksichtigt. Auf der Grundlage dieses Berichts unterbreitet die Kommission gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung dieser Verordnung.

Artikel 55: Mechanismus zur Kontrolle der Konformitätsbewertungen bestimmter Produkte der Klasse III und der Klasse IIb

(1) Die Benannten Stellen melden den zuständigen Behörden alle von ihnen ausgestellten Bescheinigungen für Produkte, für die eine Konformitätsbewertung gemäß Artikel 54 Absatz 1 durchgeführt wurde. Diese Meldung erfolgt über das elektronische System gemäß Artikel 57; ihr werden der Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung gemäß Artikel 32, der Bewertungsbericht der Benannten Stelle, die Gebrauchsanweisung gemäß Anhang I Abschnitt 23.4 und gegebenenfalls das wissenschaftliche Gutachten der Expertengremien gemäß Anhang IX Abschnitt 5.1 bzw. Anhang X Abschnitt 6. Weichen die Standpunkte der Benannten Stelle und der Expertengremien voneinander ab, so enthält die Meldung eine umfassende Begründung.

(2) Die zuständigen Behörden und gegebenenfalls die Kommission können bei begründeten Bedenken weitere Verfahren gemäß den Artikeln 44, 45, 46, 47 oder 94 anwenden und, wenn dies für notwendig erachtet wird, geeignete Maßnahmen gemäß den Artikeln 95 und 97 ergreifen.

(3) Die Koordinierungsgruppe Medizinprodukte und gegebenenfalls die Kommission können bei begründeten Bedenken die Expertengremien um wissenschaftliche Gutachten zur Sicherheit und Leistung eines Produkts ersuchen.

Artikel 56: Konformitätsbescheinigungen

(1) Die von den Benannten Stellen gemäß den Anhängen IX, X und XI ausgestellten Bescheinigungen sind in einer von dem Mitgliedstaat, in dem die Benannte Stelle niedergelassen ist, festgelegten Amtssprache der Union oder in einer anderen Amtssprache der Union auszufertigen, mit der die Benannte Stelle einverstanden ist. In Anhang XII ist niedergelegt, welche Angaben die Bescheinigungen mindestens enthalten müssen.

(2) Die Bescheinigungen sind für die darin genannte Dauer gültig, die maximal fünf Jahre beträgt. Auf Antrag des Herstellers kann die Gültigkeit der Bescheinigung auf der Grundlage einer Neubewertung gemäß den geltenden Konformitätsbewertungsverfahren für weitere Zeiträume, die jeweils fünf Jahre nicht überschreiten dürfen, verlängert werden. Ein Nachtrag zu einer Bescheinigung ist so lange gültig wie die Bescheinigung, zu der er gehört.

(3) Die Benannten Stellen können die Zweckbestimmung eines Produkts auf bestimmte Patientengruppen beschränken oder die Hersteller verpflichten, bestimmte Studien über die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen gemäß Anhang XIV Teil B durchzuführen.

(4) Stellt eine Benannte Stelle fest, dass der Hersteller die Anforderungen dieser Verordnung nicht mehr erfüllt, setzt sie die erteilte Bescheinigung aus oder widerruft diese oder schränkt sie ein, jeweils unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, sofern die Einhaltung der Anforderungen nicht durch geeignete Korrekturmaßnahmen des Herstellers innerhalb einer von der Benannten Stelle gesetzten angemessenen Frist wiederhergestellt wird. Die Benannte Stelle begründet ihre Entscheidung.

(5) Die Benannte Stelle gibt in das elektronische System gemäß Artikel 57 alle Informationen zu ausgestellten Bescheinigungen ein, auch zu deren Änderungen und Nachträgen, sowie Angaben zu ausgesetzten, reaktivierten oder widerrufenen Bescheinigungen und zu Fällen, in denen die Erteilung einer Bescheinigung abgelehnt wurde, sowie zu Einschränkungen von Bescheinigungen. Diese Angaben sind der Öffentlichkeit zugänglich.

(6) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 115 delegierte Rechtsakte zur Änderung des in Anhang XII aufgeführten Mindestinhalts der Bescheinigungen zu erlassen; dabei berücksichtigt sie den technischen Fortschritt.

Artikel 57: Elektronisches System für Benannte Stellen und Konformitätsbescheinigungen

(1) Die Kommission errichtet und betreibt nach Konsultation der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte ein elektronisches System zur Erfassung und Verarbeitung folgender Informationen:

a) Liste der Zweigstellen gemäß Artikel 37 Absatz 3;

b) Liste der Sachverständigen gemäß Artikel 40 Absatz 2;

c) Informationen über die Notifizierung gemäß Artikel 42 Absatz 10 und über die geänderten Notifizierungen gemäß Artikel 46 Absatz 2;

d) Verzeichnis der Benannten Stellen gemäß Artikel 43 Absatz 2;

e) Zusammenfassung des Berichts gemäß Artikel 44 Absatz 12;

f) Mitteilungen im Zusammenhang mit den Konformitätsbewertungen und Meldungen der Bescheinigungen gemäß Artikel 54 Absatz 3 bzw. Artikel 55 Absatz 1;

g) Zurückziehen oder Ablehnung der Anträge auf Bescheinigungen gemäß Artikel 53 Absatz 2 und Anhang VII, Abschnitt 4.3;

h) Informationen über Bescheinigungen gemäß Artikel 56 Absatz 5;

i) Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung gemäß Artikel 32.

(2) Die in dem elektronischen System erfassten und verarbeiteten Informationen sind für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die Kommission sowie gegebenenfalls für die Benannten Stellen und — soweit dies an anderer Stelle in dieser Verordnung oder in der Verordnung (EU) 2017/746 vorgesehen ist — für die Öffentlichkeit zugänglich.

Artikel 58: Freiwilliger Wechsel der Benannten Stelle

(1) Beendet ein Hersteller in Bezug auf die Konformitätsbewertung eines Produkts seinen Vertrag mit einer Benannten Stelle und schließt er einen Vertrag mit einer anderen Benannten Stelle ab, so werden die detaillierten Vorkehrungen für den Wechsel der Benannten Stelle in einer Vereinbarung zwischen dem Hersteller, der neuen Benannten Stelle und — soweit durchführbar — der bisherigen Benannten Stelle klar geregelt. Diese Vereinbarung muss mindestens folgende Aspekte abdecken:

a) Datum, zu dem die von der bisherigen Benannten Stelle ausgestellten Bescheinigungen ihre Gültigkeit verlieren;

b) Datum, bis zu dem die Kennnummer der bisherigen Benannten Stelle in den vom Hersteller bereitgestellten Informationen, einschließlich Werbematerial, genannt werden darf;

c) Übergabe von Dokumenten, einschließlich der vertraulichen Aspekte und Eigentumsrechte;

d) Datum, ab dem die Konformitätsbewertungsaufgaben der bisherigen Benannten Stelle bei der neuen Benannten Stelle liegen;

e) die letzte Seriennummer oder die letzte Losnummer, für die die bisherige Benannte Stelle verantwortlich ist.

(2) Die bisherige Benannte Stelle widerruft die von ihr für das betreffende Produkt ausgestellten Bescheinigungen an dem Tag, an dem deren Gültigkeit endet.

Artikel 59: Ausnahme von den Konformitätsbewertungsverfahren

(1) Jede zuständige Behörde kann — abweichend von Artikel 52 dieser Verordnung oder im Zeitraum vom 24. April 2020 bis zum 25. Mai 2021 abweichend von Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 90/385/EWG oder abweichend von Artikel 11 Absätze 1 bis 6 der Richtlinie 93/42/EWG — auf ordnungsgemäß begründeten Antrag im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme eines spezifischen Produkts genehmigen, bei dem die gemäß den genannten Artikeln geltenden Verfahren nicht durchgeführt wurden, dessen Verwendung jedoch im Interesse der öffentlichen Gesundheit oder der Patientensicherheit oder -gesundheit liegt.

(2) Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten von jeder Entscheidung zum Inverkehrbringen oder zur Inbetriebnahme eines Produkts gemäß Absatz 1, sofern eine solche Genehmigung nicht nur für die Verwendung durch einen einzigen Patienten erteilt wurde. Der Mitgliedstaat kann die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten von jeder Genehmigung unterrichten, die er vor dem 24. April 2020 gemäß Artikel 9 Absatz 9 der Richtlinie 90/385/EWG oder Artikel 11 Absatz 13 der Richtlinie 93/42/EWG erteilt hat.

(3) Im Anschluss an eine Unterrichtung gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels kann die Kommission in Ausnahmefällen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit oder der Patientensicherheit oder -gesundheit eine von einem Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels erteilte Genehmigung — oder falls sie vor dem 24. April 2020 erteilt wurde, eine gemäß Artikel 9 Absatz 9 der Richtlinie 90/385/EWG oder gemäß Artikel 11 Absatz 13 der Richtlinie 93/42/EWG erteilte Genehmigung — im Wege von Durchführungsrechtsakten für einen begrenzten Zeitraum auf das gesamte Gebiet der Union ausweiten und die Bedingungen festlegen, unter denen das Produkt in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden darf. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 114 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen. In hinreichend begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit im Zusammenhang mit der menschlichen Sicherheit und Gesundheit erlässt die Kommission gemäß dem in Artikel 114 Absatz 4 genannten Verfahren sofort geltende Durchführungsrechtsakte.

In hinreichend begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit im Zusammenhang mit der menschlichen Sicherheit und Gesundheit erlässt die Kommission gemäß dem in Artikel 114 Absatz 4 genannten Verfahren sofort geltende Durchführungsrechtsakte.

Artikel 60: Freiverkaufszertifikate

(1) Der Mitgliedstaat, in dem der Hersteller oder der Bevollmächtigte seine eingetragene Niederlassung hat, stellt auf Antrag des Herstellers oder des Bevollmächtigten ein Freiverkaufszertifikat für Exportzwecke aus, in dem bescheinigt wird, dass der Hersteller bzw. der Bevollmächtigte in seinem Hoheitsgebiet seine eingetragene Niederlassung hat und dass mit dem betreffenden Produkt, das gemäß dieser Verordnung die CE-Kennzeichnung trägt, in der Union gehandelt werden darf. Das Freiverkaufszertifikat weist die Basis-UDI-DI für das Produkt aus, die in der UDI-Datenbank gemäß Artikel 29 enthalten ist. Hat eine Benannte Stelle eine Bescheinigung gemäß Artikel 56 ausgestellt, so weist das Freiverkaufszertifikat die einmalige Identifizierungsnummer der von der Benannten Stelle ausgestellten Bescheinigung gemäß Anhang XII Kapitel II Abschnitt 3 aus.

(2) Die Kommission kann im Wege von Durchführungsrechtsakten unter Berücksichtigung der internationalen Praxis in Bezug auf die Verwendung von Freiverkaufszertifikaten ein Muster für Freiverkaufszertifikate festlegen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 114 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren erlassen.

Stand: 13. März 2023