MEDIZIN­PRODUKTE

IN-VITRO-DIAGNOSTIKA

Anhang X: Konformitätsbewertung auf der Grundlage einer Baumusterprüfung

1. Als EU-Baumusterprüfung wird das Verfahren bezeichnet, mit dem eine Benannte Stelle feststellt und bescheinigt, dass ein Produkt einschließlich der technischen Dokumentation und der einschlägigen Prozesse während des Lebenszyklus sowie ein entsprechendes für die geplante Produktion des Medizinprodukts repräsentatives Exemplar den einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung entsprechen.

2. Antragstellung

Der Hersteller beantragt bei einer Benannten Stelle die Bewertung. Der Antrag enthält

  • den Namen des Herstellers und die Anschrift seiner eingetragenen Niederlassung und, wenn der Antrag vom Bevollmächtigten eingereicht wird, auch den Namen des Bevollmächtigten und die Anschrift von dessen eingetragener Niederlassung,
  • die technische Dokumentation gemäß den Anhängen II und III, Der Antragsteller stellt der Benannten Stelle ein für die geplante Produktion des Medizinprodukts des Produkts repräsentatives Exemplar (im Folgenden „Baumuster“) zur Verfügung. Die Benannte Stelle kann bei Bedarf weitere Exemplare des Baumusters sowie Folgendes verlangen:
  • eine schriftliche Erklärung, dass bei keiner anderen Benannten Stelle ein Parallelantrag zu demselben Baumuster eingereicht worden ist, oder Informationen über etwaige frühere Anträge zu demselben Baumuster, die von einer anderen Benannten Stelle abgelehnt oder vom Hersteller oder seinem Bevollmächtigten vor der abschließenden Bewertung durch diese andere Benannte Stelle zurückgezogen wurden.

3. Bewertung

Die Benannte Stelle hat folgende Aufgaben:

a) Sie setzt zur Prüfung des Antrags Personal ein, das nachweislich über Kenntnisse und Erfahrung bezüglich der betreffenden Technologie und der klinischen Anwendung dieser Technologie verfügt. Die Benannte Stelle kann verlangen, dass der Antrag durch zusätzliche durchgeführte Tests oder die Aufforderung zur Vorlage weiterer Nachweise ergänzt wird, damit die Konformität mit den einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung beurteilt werden kann. Die Benannte Stelle führt angemessene physische Kontrollen oder Laboruntersuchungen bezüglich des Produkts durch oder fordert den Hersteller zur Durchführung solcher Tests auf.

b) Sie prüft und bewertet die technische Dokumentation in Bezug auf ihre Konformität mit den auf das Produkt anwendbaren Bestimmungen dieser Verordnung und überprüft, ob das Baumuster in Übereinstimmung mit dieser Dokumentation hergestellt wurde; sie stellt außerdem fest, welche Bestandteile entsprechend den in Artikel 8 genannten geltenden Normen oder den geltenden GS ausgelegt sind und bei welchen Bestandteilen sich die Auslegung nicht auf die in Artikel 8 genannten einschlägigen Normen oder die relevanten GS stützt.

c) Sie überprüft den vom Hersteller in dem klinischen Bewertungsbericht gemäß Anhang XIV Abschnitt 4 vorgelegten klinischen Nachweis. Für die Zwecke dieser Überprüfung beschäftigt die Benannte Stelle Produktprüfer mit ausreichendem klinischen Fachwissen und verwendet erforderlichenfalls externe klinische Experten mit unmittelbarer aktueller Erfahrung mit dem betreffenden Produkt oder den klinischen Bedingungen, unter denen es verwendet wird, ein.

d) Stützt sich der klinische Nachweis ganz oder teilweise auf Daten zu Produkten, die als vergleichbar oder gleichartig mit dem zu bewertenden Produkt dargestellt werden, so prüft die Benannte Stelle unter Berücksichtigung von Faktoren wie neuen Indikationen oder Innovationen, ob die Verwendung dieser Daten angemessen ist. Sie dokumentiert eindeutig ihre Ergebnisse hinsichtlich der behaupteten Gleichartigkeit sowie der Relevanz und Eignung der Daten für einen Konformitätsnachweis.

e) Sie dokumentiert das Ergebnis ihrer Bewertung klar und deutlich in einem Bericht über die Begutachtung der vorklinischen und klinischen Bewertung als Teil des EU-Baumusterprüfberichts gemäß Buchstabe i.

f) Sie führt die geeigneten Bewertungen und erforderlichen physischen Kontrollen oder Laboruntersuchungen durch oder lässt diese durchführen, um festzustellen, ob die vom Hersteller gewählten Lösungen den in dieser Verordnung festgelegten grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen entsprechen, falls die in Artikel 8 genannten Normen oder die GS nicht angewendet wurden. Wenn ein Produkt zur Erfüllung seiner Zweckbestimmung an ein anderes Produkt oder andere Produkte angeschlossen werden muss, ist der Nachweis zu erbringen, dass das erstere Produkt bei Anschluss an ein anderes Produkt oder andere Produkte, das/die die vom Hersteller angegebenen Merkmale aufweist/aufweisen, die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt.

g) Sie führt die geeigneten Bewertungen und erforderlichen physischen Kontrollen oder Laboruntersuchungen durch oder lässt diese durchführen, um festzustellen, ob die einschlägigen harmonisierten Normen tatsächlich angewendet wurden, sofern sich der Hersteller für die Anwendung dieser Normen entschieden hat.

h) Sie vereinbart mit dem Antragsteller den Ort, an dem die erforderlichen Bewertungen und Tests durchzuführen sind, und

i) sie erstellt einen EU-Baumusterprüfbericht über die Ergebnisse der nach den Buchstaben a bis g durchgeführten Bewertungen und Prüfungen.

4. Bescheinigung

Falls das Baumuster dieser Verordnung entspricht, stellt die Benannte Stelle eine EU-Baumusterprüfbescheinigung aus. Diese Bescheinigung enthält den Namen und die Anschrift des Herstellers, die Ergebnisse der Bewertung der Baumusterprüfung, die Bedingungen für die Gültigkeit der Bescheinigung sowie die zur Identifizierung des genehmigten Baumusters erforderlichen Angaben. Die Bescheinigung wird gemäß Anhang XII erstellt. Die relevanten Teile der Dokumentation werden der Bescheinigung beigefügt; eine Abschrift verbleibt bei der Benannten Stelle.

5. Änderungen am Baumuster

5.1. Der Hersteller informiert die Benannte Stelle, die die EU-Baumusterprüfbescheinigung ausgestellt hat, über alle geplanten Änderungen am genehmigten Baumuster oder seiner Zweckbestimmung oder seiner Verwendungsbedingungen.

5.2.   Änderungen am genehmigten Produkt, einschließlich Beschränkungen seiner Zweckbestimmung oder seiner Verwendungsbedingungen, müssen von der Benannten Stelle, die die EU-Baumusterprüfbescheinigung ausgestellt hat, genehmigt werden, wenn diese Änderungen die Konformität des Produkts mit den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen oder mit den vorgesehenen Anwendungsbedingungen des Produkts beeinträchtigen können. Die Benannte Stelle prüft die geplanten Änderungen, teilt dem Hersteller ihre Entscheidung mit und stellt ihm einen Nachtrag zum EU-Baumusterprüfbericht aus. Die Genehmigung von Änderungen am genehmigten Baumuster wird in Form eines Nachtrags zur EU-Baumusterprüfbescheinigung erteilt.

5.3. Bei Änderungen der Zweckbestimmung und der Verwendungsbedingungen des genehmigten Produkts — mit Ausnahme von Beschränkungen der Zweckbestimmung und der Verwendungsbedingungen — ist ein neuer Antrag auf Durchführung einer Konformitätsbewertung erforderlich.

6. Besondere zusätzliche Verfahren

Anhang IX Abschnitt 5 gilt mit der Maßgabe, dass jeder Verweis auf eine EU-Bescheinigung über die Bewertung der technischen Dokumentation als Verweis auf eine EU-Baumusterprüfbescheinigung zu verstehen ist.

7. Verwaltungsbestimmungen

Der Hersteller oder — falls der Hersteller keine eingetragene Niederlassung in einem Mitgliedstaat hat — sein Bevollmächtigter hält während eines Zeitraums, der frühestens zehn Jahre — im Falle von implantierbaren Produkten frühestens 15 Jahre — nach dem Inverkehrbringen des letzten Produkts endet, für die zuständigen Behörden folgende Unterlagen bereit:

  • die Unterlagen gemäß Abschnitt 2 zweiter Spiegelstrich,
  • die Informationen über die Änderungen gemäß Abschnitt 5 und
  • Kopien der EU-Baumusterprüfbescheinigungen, der wissenschaftlichen Gutachten und Berichte und der entsprechenden Nachträge/Ergänzungen.

Es gilt Anhang IX Abschnitt 8.

Stand: 13. März 2023