MEDIZIN­PRODUKTE

IN-VITRO-DIAGNOSTIKA

Artikel 64: Leistungsstudien in Notfällen

(1) Abweichend von Artikel 58 Absatz 5 Buchstabe f, Artikel 60 Absatz 1 Buchstaben a und b und Artikel 61 Absatz 1 Buchstaben a und b kann die Einwilligung nach Aufklärung zur Teilnahme an einer Leistungsstudie erst eingeholt werden und können die entsprechenden Informationen über die Leistungsstudie zur Verfügung gestellt werden, nachdem die Entscheidung getroffen wurde, den Prüfungsteilnehmer in die Leistungsstudie einzubeziehen, sofern diese Entscheidung zu dem Zeitpunkt der ersten Intervention mit dem Prüfungsteilnehmer gemäß dem klinischen Leistungsstudienplan für diese Leistungsstudie getroffen wurde und alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a) Aufgrund der Dringlichkeit der Situation, die sich aus einem plötzlichen lebensbedrohlichen oder einem anderen plötzlichen schwerwiegenden gesundheitlichen Zustand ergibt, ist der Prüfungsteilnehmer nicht in der Lage, im Voraus eine Einwilligung nach Aufklärung zu erteilen und Informationen über die Leistungsstudie zu erhalten;

b) es gibt wissenschaftliche Gründe für die Erwartung, dass die Teilnahme des Prüfungsteilnehmers an der Leistungsstudie unter Umständen einen direkten klinisch relevanten Nutzen für den Prüfungsteilnehmer zur Folge hat, mit dem eine nachweisbare gesundheitsbezogene Verbesserung erreicht wird, die das Leiden des Prüfungsteilnehmers lindert und/oder seine Gesundheit verbessert, oder mit dem die Diagnose seiner Krankheit ermöglicht wird;

c) es ist nicht möglich, innerhalb der für die Behandlung zur Verfügung stehenden Zeit im Vorfeld dem gesetzlichen Vertreter alle Informationen bereitzustellen und eine vorherige Einwilligung nach Aufklärung von diesem einzuholen;

d) der Prüfer bescheinigt, dass der Prüfungsteilnehmer nach seiner Kenntnis zuvor keine Einwände gegen die Teilnahme an der Leistungsstudie geäußert hat;

e) die Leistungsstudie steht in direktem Zusammenhang mit dem gesundheitlichen Zustand des Prüfungsteilnehmers, der die Einholung der Einwilligung nach Aufklärung des Prüfungsteilnehmers oder seines gesetzlichen Vertreters nach Aufklärung und die Bereitstellung der Informationen innerhalb der für die Behandlung zur Verfügung stehenden Zeit unmöglich macht, und die Leistungsstudie kann aufgrund ihrer Art ausschließlich in Notfallsituationen durchgeführt werden;

f) die Leistungsstudie stellt im Vergleich zur Standardbehandlung der Krankheit des Prüfungsteilnehmers nur ein minimales Risiko und eine minimale Belastung für den Prüfungsteilnehmer dar.

(2) Nach einer Intervention gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels werden gemäß folgenden Bedingungen die Einwilligung nach Aufklärung gemäß Artikel 59 für die weitere Teilnahme des Prüfungsteilnehmers an der Leistungsstudie eingeholt und die Informationen zur Leistungsstudie bereitgestellt:

a) Für nicht einwilligungsfähige Personen und Minderjährige wird die Einwilligung nach Aufklärung unverzüglich von dem Prüfer bei ihrem gesetzlichen Vertreter eingeholt; die in Artikel 59 Absatz 2 genannten Informationen werden dem Prüfungsteilnehmer und seinem gesetzlichen Vertreter so bald wie möglich übergeben.

b) Für andere Prüfungsteilnehmer wird die Einwilligung nach Aufklärung unverzüglich von dem Prüfer beim Prüfungsteilnehmer oder bei seinem gesetzlichen Vertreter eingeholt, je nachdem, welche Einwilligung zuerst eingeholt werden kann; die in Artikel 48b Absatz 2 genannten Informationen werden dem Prüfungsteilnehmer oder dem gesetzlichen Vertreter, je nachdem, was zuerst möglich ist, so bald wie möglich übergeben.

Wurde die Einwilligung nach Aufklärung gemäß Buchstabe b beim gesetzlichen Vertreter eingeholt, so wird die Einwilligung nach Aufklärung des Prüfungsteilnehmers zur weiteren Teilnahme an der Leistungsstudie eingeholt, sobald dieser einwilligungsfähig ist.

(3) Erteilt der Prüfungsteilnehmer oder gegebenenfalls sein gesetzlicher Vertreter seine Einwilligung nicht, wird er davon in Kenntnis gesetzt, dass er das Recht hat, der Nutzung von Daten, die im Rahmen der Leistungsstudie gewonnen wurden, zu widersprechen.

Stand: 13. März 2023